Ferris MC

Prolet. Asozialer. Freak. Fertich MC. Ferris.
"Fertich! Es gibt nur ein' wie mich/ Ich bin fertich! Der jedes Gesetz bricht/ Ich bin fertich! Ich lüg dich an und lach dir ins Gesicht!"

Marylin Mongo. XXL Junkie. Monster. Bleichgesicht. Chauvi-Schwein.

"Fertich! Ich kotz dich an und schlag dir ins Gesicht!"

Es gibt kein bösartiges Schimpfwort, das er nicht benutzen würde - und nur wenige, mit denen er sich noch nicht geschmückt hätte. Er ist der Stoff, aus den Soziologen in den 70ern Fallstudien geschnitzt haben: Der vom Leben authentifizierte Voll-Assi, unterpivilegiert und verhaltensauffällig , autodestruktiv und suchtgefährdet, kleinkriminell und schwanzgesteuert,... Damals galten Typen wie er als "ein Opfer der Gesellschaft". Heute reicht ein Bruchteil, um im Fernsehen Karriere zu machen.

" FERTICH: DIE AUTHENTISCHE PROBLEMGESCHICHTE / SOBALD ICH ÜBER MICH / UND DAS LEBEN DICHTE / KAPUTTE TYPEN DIE VON GEBURT AN LEIDEN / UND IMMER ANGEBEN MIT IHR'N STRAFANZEIGEN / AUSSER ES ZU ÜBERTREIBEN, TU ICH NIX SOVIEL ICH MAG / ICH LEB VON EURER KOHLE / ENTWEDER MUSIK ODA DEN STAAT..."

In bester Tradition hat HipHop Ferris als Machtlosem eine Stimme geschenkt, um sich Gehör zu verschaffen. So lebt er die berühmte Achternbusch-Maxime: "Du hast keine Chance, also nutze sie!" Bereits in frühsten Kindheitstagen wusste er genau, was aus ihm werden sollte, wenn er erst mal gross und stark oder hässlich und sexistisch sein würde. Als ihn seine Mutter fragte, antwortete Klein Ferris: Popstar. Ist das nicht süss?

"Reich werden oder gleich sterben..."

Den Popstar gibt er uns mit einem in Deutschland beispiellosen Charakter und Timbre - hätte das legendäre HipHop-Rolemodel Ede Wolf ein ähnliches Organ, wären die drei kleinen Schweinchen längst tot; hätten die Nihilisten ein ähnliches Charisma, wären Nietzsche und Gott nicht umsonst gestorben. Ferris überhöht sich zum Über-Bösen, der die Gemeinheiten rauskotzt weil er dafür bezahlt wird. Und weil er nichts anderes gelernt hat.

"Mit meiner Ausstrahlung mach ich ne laute Ansage/ selbst wenn ich nichts zu sage0n hab, verlang ich Anwesenheitsgagen".

Und mit seinen nicht abzunehmenden Masken mimt er den ewigen Freak, Mongo, Asi, Psycho. Im besten Sinne des Wortes dramatisiert hier jemand sein Leben - und holt dabei das letzte aus sich raus. Der Trick erinnert an die grossen Komödianten wie Eminem, Leatherface und Woody Allen; mach einen Witz über dich bevor ihn ein anderer macht, diss dich selbst und geniess die Sprachlosigkeit deiner Widersacher. Keiner macht das derzeitig besser als Ferris MC. Laut Sleepwalker aka Slang Daddy, der mit ihm das Psycho-Drama "Lass Mich Raus" aufnahm, ist Ferris dabei zu "7/8 ein kaputter Vogel" - das letzte Achtel ist die pure Freakshow. Kurz: Auch auf dem Nachfolger seines 99er Debüts "Asimetrie" hat Ferris MC der Welt da draussen nichts erfreuliches mitzuteilen.

"Ich bin immer noch assich/ Ich bin immer noch fertich/ Ich bin immer noch n Freak/ Langhaarig, bärtich..."

Auf seinem ersten richtigen Album "Fertich" präsentiert sich Ferris MC auf 17 Tracks in selbstzerfleischender Höchstform. Sein wichtigster Trumpf ist dabei wieder Bonzen-Blutsbruder Tobitob der ihm ein rosiges musikalisches Bett bereitet, dornig und kinky. Die Kollegen Eißfeldt und Samy Deluxe stifteten diesmal die einnehmende Hymne "Wie ist mein Name?". Der legendäre DJ Koze, ehedem Fischmob, prollte sich für Ferris "Hartdumm in jedem Datum". Mit Afrobs Besuch tritt ein weiteres "Reimmonster" ins Leben und die Such A Surge-Jungs liefern schliesslich mit ihrem Projekt Pain In The As den perfekten Hintergrund für den Grössenwahn von "Kann uns nicht passieren".

So zum Ende noch ne Message?

Ferris: "Egal, wie extrem tief ich sinken werde, macht das bitte nicht nach. Es ist nicht cool, fertig zu sein. Es ist halt mein eigener, mein persönlicher Lebensspiegel, und nicht, wie so einige meinen, Entertainment. Ich mein hey, ich bin absolut kein Wegweiser, und auch überhaupt nicht als solcher geeignet. Ich leide oft, habe oft derbe Charakterschwächen, aber manchmal genieße ich es zu leiden. Wichtig für euch alle da draußen ist halt: Zieht euer Ding durch, aber versucht, euren Lebensunterhalt durch HIPHOP zu verdienen, geht nicht arbeiten, das ist satt scheisse! Tja, was soll ich sonst sagen? Ich bin halt die Message."